08
April
2024
|
15:25
Europe/Amsterdam

Was sind „giftige Gefühle“, und wie werden wir sie los?

Lesedauer: 5 minuten

Immer wieder ist von schädlichen Emotionen oder giftigen Gefühlen die Rede, aber was sind sie eigentlich?

Ärger, Schuldgefühle, Scham, Ängste, Furcht, Selbstverachtung, Bedauern, Bitterkeit und Selbstverachtung – diese negativen Emotionen leisten keinen positiven Beitrag zum Leben oder zum geistigen Wohlbefinden. Derartige negative Emotionen schaden nicht nur uns, sondern allen Menschen in unserer Umgebung, zu Hause und bei der Arbeit. Wenn wir diese „giftigen Gefühle“ nicht in den Griff bekommen, können sie unsere geistige und körperliche Gesundheit beeinträchtigen. Glücklicherweise können Sie lernen, mit schädlichen Emotionen umzugehen und Ihre Gedanken in positive Bahnen zu lenken.

Wenn Sie sich und die Menschen in Ihrem Umfeld vor den Folgen übermäßiger negativer Emotionen schützen möchten, müssen Sie zunächst verstehen, wie Ihre Emotionen die Welt beeinflussen und wie die Welt Ihre Emotionen beeinflusst. Das ist keine Einbahnstraße, sondern vielmehr ein ganzes Netzwerk von Verbindungen. Gefühle können sich daher so schnell verbreiten wie ein Virus.

Warum kommt es so leicht zu negativen Emotionen?

Studien belegen immer wieder, dass gute wie schlechte Gefühle und Gewohnheiten ansteckend sein können. Eine Untersuchung zwischenmenschlicher Beziehungen ergab beispielsweise, dass der Austausch negativer Ansichten über Dritte besonders schnell zur Bindung zwischen Menschen führt. Mit anderen Worten: Die Zuneigung basiert auf der gemeinsamen Abneigung gegenüber einer anderen Person.1 Diese schnelle anfängliche Bindung ist allerdings keine gesunde Grundlage für eine Freundschaft. Wahrscheinlich reicht sie in die Frühzeit der Menschheit zurück, als es von Vorteil war, wenn kleine Gruppen sich schnell zusammentun und gegen „feindliche“ Gruppen bestehen konnten.

Heute ist dieser Effekt jedoch nicht nur überflüssig, sondern potenziell sogar nachteilig. Mit anderen Worten: Was unseren steinzeitlichen Vorfahren beim Überleben geholfen hat, zieht heute negative Menschen und schlechte Einflüsse an. Schlimmer noch: Andere Untersuchungen zeigen, dass bereits eine negative Erfahrung ausreicht, um die Wahrscheinlichkeit zu verdoppeln, dass wir uns unzufrieden fühlen.2

Umgang mit schädlichen Emotionen

Die gute Nachricht: Auch Glück und Freundlichkeit sind ansteckend. Sie können nicht nur lernen, mit schädlichen Emotionen umzugehen, sondern Sie können auch lernen, positivere Emotionen zu verspüren. Eine gute Tat schlägt Wellen, die sich über komplexe soziale Verbindungen auf Menschen ausbreiten, denen Sie vielleicht nie begegnen.3 Besser noch: Mit jedem „glücklichen“ Freund, den Sie haben, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Sie selbst glücklich sind, um fast 10 Prozent.4 Die Gedanken und Gefühle, auf die wir uns konzentrieren, ziehen wir im Allgemeinen in unserem Leben an. Darüber hinaus macht uns der Instinkt, die Gesichtsausdrücke, Körpersprache und Sprachmuster unserer Mitmenschen zu imitieren, noch anfälliger für das „Anstecken“ mit den Emotionen von Menschen, mit denen wir häufig zu tun haben.5

Klar ist: Unsere Emotionen beeinflussen die Menschen um uns herum und die Menschen um uns herum beeinflussen unsere Emotionen.((Larson, Reed W. und David M. Almeida. „Emotional Transmission in the Daily Lives of Families: A New Paradigm for Studying Family Process.“ Journal of Marriage and the Family 61, Nr. 1 (1999): 5. https://doi.org/10.2307/353879)) Wenn Menschen in Ihrem Umfeld in negativen Erfahrungen und negativen Emotionen verharren, löst das also auch bei Ihnen negative Gedanken und Erfahrungen aus.

Wenn Sie hingegen Zeit mit Menschen verbringen, die sich auf Freude, Dankbarkeit, Glück und andere positive Emotionen konzentrieren, werden Sie feststellen, dass auch Ihre eigenen Gedanken und Gefühle auf positive Dinge, Menschen, Erfahrungen, Ideen und Konzepten ausgerichtet sind.

Am einfachsten ist das zu Hause, wo wir die größte Kontrolle über unser Leben haben. Sie entscheiden, wen Sie einlassen, welche Musik Sie hören und welcher Fernsehsender ausgewählt wird. Diese Faktoren mögen unwesentlich erscheinen, aber sie können Ihre Gefühlslage maßgeblich beeinflussen.

Wenn Sie nach einem anstrengenden Tag nach Hause kommen und Zeit mit Freunden verbringen, Musik genießen, eine unterhaltsame Sendung sehen, ein gutes Buch lesen oder etwas anderes unternehmen, das Ihnen hilft, Stress abzubauen, können Sie Ihre Gedanken in positive Bahnen lenken und die Gefahr verringern, dass Sie in schädlichen Emotionen verharren.

Umgang mit schädlichen Emotionen bei der Arbeit

Bei der Arbeit kann es etwas mehr Übung erfordern, sich nicht von „giftigen Gefühlen“ erfassen zu lassen. Wir können uns selten aussuchen, mit wem wir bei der Arbeit Zeit verbringen müssen. Ob ein Chef, der seine Untergebenen herunterputzt, oder ein Kollege, der an niemandem ein gutes Haar lässt: Manchmal lassen sich negative Einstellungen am Arbeitsplatz nicht vermeiden.

Wenn am Arbeitsplatz eine negative Atmosphäre vorherrscht, besteht der beste Schutz darin, Ihre positive Einstellung zu untermauern, indem Sie gezielt andere Mitarbeiter ausfindig machen, die positiv bleiben und Freude an der Arbeit finden möchten. Wenn Sie Zeit und Energie in diese Beziehungen investieren, schlagen Ihre guten Taten und positiven Einstellungen Wellen im ganzen Betrieb, die negativen Effekten entgegenwirken. Daraus kann ein Schneeballeffekt werden, wenn immer mehr Kollegen spüren, wie angenehm es ist, nicht in negativen Gefühlen zu verharren: Das verringert nicht nur Stress und fördert eine bessere Stimmung, sondern verbessert auch die Zusammenarbeit, verringert Konflikte und steigert die Arbeitsleistung. 6

Ob bei der Arbeit, zu Hause, unterwegs mit Freunden oder bei neuen Begegnungen auf einer Party: Denken Sie daran, dass Sie nicht auf jeden negativen Einfluss reagieren müssen, den Sie bemerken.

Negativ eingestellte Menschen suchen oft nach Gleichgesinnten. Wenn Sie überlegen, was negative Emotionen sind, fällt Ihnen bestimmt ein Gespräch ein, bei dem jemand versucht hat, sich bei Ihnen über eine andere Person oder eine Situation zu beschweren. Wenn Sie sich wieder in einem solchen Gespräch befinden sollten, denken Sie daran, dass Sie nicht darauf reagieren müssen. Sie brauchen nicht zuzustimmen und die negativen Emotionen anzunehmen. Sie müssen auch nicht dagegenhalten und einen Streit riskieren.

Was tun, wenn Sie eine negative Person oder Umgebung nicht vermeiden können?

Wenn Sie den Kontakt mit Menschen, die negative Emotionen an den Tag legen, nicht vermeiden können, sollten Sie sich vor allem von den negativen Kommentaren nicht beeinflussen lassen. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um Ihre eigenen Gedanken zu prüfen und sicherzustellen, dass Sie Ihrem Wunsch treu bleiben, sich auf positive Gedanken und Erfahrungen zu konzentrieren.

Ziehen Sie sich dann nach Möglichkeit schnell, aber höflich aus der Situation zurück. Bei der Arbeit können Sie dazu einfach auf Termindruck verweisen. Auf einer Party können Sie gehen, um sich einen neuen Drink zu holen.

Wie Viren sind auch Emotionen ansteckend. Und wenn wir keine Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, können wir uns „giftige Gefühle“ einfangen, ohne es zu bemerken. Der beste Schutz Ihrer Immunität gegenüber schädlichen Emotionen besteht darin, sich mit anderen Menschen zu umgeben, die ihre Gedanken bewusst in positive Bahnen lenken.

  1. Bosson, Jennifer K., Amber B. Johnson, Kate Niederhoffer und William B. Swann. „Interpersonal Chemistry through Negativity: Bonding by Sharing Negative Attitudes about Others.“ Personal Relationships 13, Nr. 2 (2006): 135-50. https://doi.org/10.1111/j.1475-6811.2006.00109.x []
  2. Hill, Alison L.  et al. „Emotions as Infectious Diseases in a Large Social Network: The SISa Model.“ Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 277.1701 (2010): 3827–3835. PMC. Web. 3. Mai 2017 []
  3. James H. Fowler und Nicholas A. Christakis. „Cooperative behavior cascades in human social networks.“ PNAS 2010 107 (12) 5334-5338; Vorabveröffentlichung 8. März 2010, doi:10.1073/pnas.0913149107 []
  4. Christakis, Nicholas A. und James Fowler. „SOCIAL NETWORKS AND HAPPINESS.“ SOCIAL NETWORKS AND HAPPINESS | Edge.org, n.d. https://www.edge.org/conversation/social-networks-and-happiness []
  5. Colino, Stacey. „Are You Catching Other People’s Emotions?“ U.S. News & World Report, n.d. https://health.usnews.com/health-news/health-wellness/articles/2016-01-20/are-you-catching-other-peoples-emotions []
  6. Larson, Reed W. und David M. Almeida. „Emotional Transmission in the Daily Lives of Families: A New Paradigm for Studying Family Process.“ Journal of Marriage and the Family 61, Nr. 1 (1999): 5. https://doi.org/10.2307/353879 []

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